Wir Hebammen fühlen uns dem Wohlergehen, der Selbstbestimmung und der Verantwortung von Frauen verpflichtet. Wir möchten, dass jede Mutter und jedes Kind die Betreuung bekommt, die für sie am besten sind. Wir beraten sie und respektieren ihre Wünsche. Unser Ziel ist eine freie und kompetente Entscheidung, ob eine Geburt in einer Klinik, zu Hause oder in einem Geburtshaus stattfindet.
Diese Freiheit möchten die Gesetzlichen Krankenkassen nun abschaffen. Sie geben vor, Frauen und Kinder schützen zu wollen. Doch in Wirklichkeit berufen sie sich auf Risiken, die zum Teil wissenschaftlich nicht belegt bzw. interpretierbar sind. Wird beispielsweise der errechnete Geburtstermin um nur einen Tag überschritten, was meistens der Fall ist, sollen Frauen faktisch zu einer Geburt in der Klinik gezwungen werden. Eine Hausgeburt würde künftig nicht mehr bezahlt. Hinzu kommt, dass eine angemessene Beratung den Frauen ebenso wenig bezahlt wird.
Bislang kann jede schwangere Frau über den Geburtsort ihres Kindes selbst entscheiden. Dabei wird sie sachkundig und verantwortungsvoll von Hebammen beraten. Spricht zum Beispiel etwas gegen eine Hausgeburt, weist die Hebamme auf das Risiko hin und erklärt der Frau die möglichen Konsequenzen. So wird diese in die Lage versetzt, medizinische Faktoren gegen Wünsche und Bedürfnisse abzuwägen und eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen.
Diese Wahl der geeigneten Geburtsstätte ist eine absolut individuelle und wichtige Entscheidung. Genau deswegen ist sie auch ein gesetzlich verbrieftes Frauenrecht. Trotzdem wollen die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) Millionen von Frauen dieses Recht künftig verweigern.
All das bedeutet nicht nur eine radikale Einschränkung der außerklinischen Geburtshilfe und damit das Ende der Hausgeburt. Es bedeutet auch eine faktische Entmündigung werdender Mütter, die wir nicht hinnehmen werden. Wenn Beratung und Alternativen wegfallen, ist eine freie Entscheidung schlicht nicht mehr möglich.
Bislang hat sich der GKV-SV in der Auseinandersetzung mit den Hebammenverbänden nicht bewegt. Nach wie vor will er Hausgeburten anders behandeln als Geburten in Geburtshäusern. In einer Stellungnahme, die Claudia Kötter, Fachreferentin der Abteilung "Ambulante Versorgung" des GKV-SV, an die zahlreichen Kritikerinnen und Kritiker gesendet hat, behauptet sie, dass die verbindlich geltenden Ausschlusskriterien dazu dienten, Geburten sicherer zu machen. Dem müssen wir vehement widersprechen. Geburten in Geburtshäusern und zuhause sind genauso sicher wie in Kliniken. Denn: Frauen treffen verantwortungsvolle Entscheidungen und brauchen die kompetente Beratung durch die Hebammen!
Hier der Wortlaut der E-Mail:
Sehr geehrte Frau Kötter,
vielen Dank für Ihre Stellungnahme. Meine Bedenken hinsichtlich der Einschränkung der freien Wahl des Geburtsortes konnten Sie aber leider nicht ausräumen.
Sie erwecken in Ihrem Schreiben den Eindruck, als wollten Sie bei den Hausgeburten lediglich dieselben Standards einführen, die schon in den Geburtshäusern gelten. Das ist so aber nicht richtig. Tatsächlich gelten in Geburtshäusern seit fast zehn Jahren Ausschlusskriterien. Dort wird aber der Tatsache Rechnung getragen, dass diese bislang noch nicht wissenschaftlich überprüft worden sind: Den Frauen bleibt nach Beratung durch die Hebammen die Wahl, sich im Einzelfall auch dann für eine Geburt im Geburtshaus zu entscheiden, wenn ein sogenanntes Ausschlusskriterium wie die Terminüberschreitung vorliegt.
Dass hier verantwortungsvolle Entscheidungen getroffen werden, zeigt das gute Abschneiden von Geburtshausgeburten im Vergleich zu Klinikgeburten. Geburten sind hier in der Regel mit weniger Eingriffen verbunden und Zwischenfälle sind in Geburtshäusern genauso selten wie in Kliniken. Für mich ist nicht einsichtig, warum das bei Hausgeburten anders sein sollte.
Ich fordere deshalb, dass Frauen ausreichend durch die Hebammen in Bezug auf die Wahl des Geburtsortes beraten werden können, um dann selbst eine verantwortungsvolle Entscheidung für sich und das Kind zu treffen. Frauen, die ihr Kind zu Hause gebären wollen, müssen dieselben Entscheidungsrechte erhalten wie Frauen, die zur Geburt in ein Geburtshaus gehen. Nicht die Sachbearbeiter von Krankenkassen dürfen über meinen Geburtsort entscheiden, sondern ich in Abstimmung mit meiner Hebamme.
Mit freundlichen Grüßen
Zum Internationalen Hebammentag gehen überall in Deutschland Hebammen und Unterstützerinnen und Unterstützer auf die Straße, um auf die Missstände bei der Versorgung mit Hebammenhilfe hinzuweisen. Protestiert wird auch für den Erhalt der freien Wahl des Geburtsortes!
Die Krankenkassen und die Hebammenverbände können in Bezug auf die Ausschlusskriterien für Hausgeburten keine Einigung erzielen. Die Schiedstelle soll angerufen werden.
Die Krankenkassen reagieren auf die zahlreichen Proteste der Eltern auf ihren Facebook-Seiten mit Ausflüchten. Sie sagen, sie seien nicht zuständig oder behaupten, dass wir für Hausgeburten andere Ausschlusskriterien fordern als für Geburtshäuser. Das ist nicht richtig. Wir fordern nur, dass die Frauen nach umfassender Beratung durch die Hebammen selbst entscheiden dürfen, wie sie ihr Kind zur Welt bringen möchten.
Der Auffordung, eine E-Mail an Johann-Magnus von Stackelberg, den stellvertretenden Vorstandsvorsitzender des GKV-SV, zu schreiben, sind wieder sehr viele Menschen gefolgt. Leider rücken die Krankenkassen aber nicht von ihrer Position ab.
Auf fast allen Facebookseiten der Krankenkassen machen Eltern ihrem Ärger Luft. Sie fordern die Krankenkassen auf, ihre Position in den Verhandlungen offenzulegen und sich für die Wahlfreiheit der schwangeren Frauen einzusetzen.
Informieren Sie Ihre Freunde über die Pläne der Krankenkassen und verlinken Sie auf die Kampagnenseite:
www.unsere-hebammen.de/meine-entscheidung
#meineGeburtmeineEntscheidung
Uns geht es um die Frauen. Uns geht es ums Prinzip.
Unsere Antwort: #meineGeburtmeineEntscheidung
twitter.com/hebammenprotest
www.facebook.com/deutscher.hebammenverband
Petition Geburt darf keine Privatleistung werden!
Der Gesetzgeber hat Rahmenbedingungen für die Geburtsbetreuung festgelegt und den Hebammenverbänden und Krankenkassen anvertraut, sich über die Ausgestaltung zu einigen. Dies ist grundsätzlich sinnvoll – doch versuchen die GKV derzeit, diese Situation zu ihrem Vorteil auszunutzen. Fast alle betroffenen Frauen – rund 90 Prozent – sind gesetzlich versichert. Wenn die Gesetzlichen Krankenkassen beschließen, etwas nicht mehr zu bezahlen, können 90 Prozent der Frauen diese Leistungen nicht mehr bekommen.
Die GKV sitzen also am längeren Finanzhebel. Sie möchten den Willen, die Bedürfnisse und die informierte und mündige Entscheidung von Schwangeren nicht akzeptieren. Damit greifen sie über Gebühr in die das gesetzliche Frauenrecht und in die Berufskompetenz der Hebammen ein.
Dies kann der Deutsche Hebammenverband nicht zulassen. Wir kritisieren aufs Schärfste, dass die Gesetzlichen Krankenkassen versuchen, über die Finanzierung zu steuern, wie und wo Frauen entbinden sollen!