Brauchen wir eine neue Wochenbettkultur?

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Rund um das Thema Hebammen und Geburtshilfe gibt es jede Menge Fragen. Wir versuchen Antworten zu geben!

Fragen und Antworten

Brauchen wir eine neue Wochenbettkultur?

Fragen & Antworten

Täglich suchen werdende Mütter in ganz Deutschland erfolglos eine Hebamme. Wie in jedem Jahr verschärft sich die Situation in den Ferienzeiten, denn auch Hebammen machen Urlaub. Dies zeigen auch die Einträge in der „Landkarte der Unterversorgung“ des Deutschen Hebammenverbandes. Hier melden täglich Frauen aus ganz Deutschland die ergebnislose Suche nach einer Hebamme, an erster Stelle für das Wochenbett. Jetzt zu Beginn und während der Sommerferien schnellen die Zahlen in die Höhe. Laut einer bundesweiten Umfrage unter mehr als 2.000 Hebammen im Jahr 2015 haben rund 84 Prozent der Hebammen mehr Anfragen für eine Wochenbettbetreuung, als sie annehmen können. Rund 70 Prozent lehnen bis zu fünf Frauen jeden Monat ab, rund 21 Prozent zwischen sechs und zehn Frauen und rund 12 Prozent über 10 Frauen. Ein Zustand, der in dieser bedeutenden Lebensphase einer jungen Familie untragbar ist.

Eine Geburt bedeutet für die Mutter große seelische und körperliche Veränderungen. Der neue Lebensabschnitt ist für sie und auch für die Familie ein vollkommener Wandel aller gewohnten Strukturen. Während der sogenannten Wochenbettbetreuung nach der Geburt steht in dieser Zeit Frauen und auch ihren Familien eine Hebamme zur Seite. Sie ist die Ansprechpartnerin für die ersten Erfahrungen mit dem Kind und hilft den Frauen in ihre Rolle als Mutter hineinzuwachsen. Dabei geht es nicht nur um medizinische Fragen. Ein wichtiger Teil der Hebammenarbeit in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt ist der psychosoziale Aspekt: die Unterstützung des Bondings – dem Aufbau einer intensiven Mutter-Kind-Beziehung. Darüber hinaus beurteilt die Hebamme Rückbildungs- und Abheilungsvorgänge, sie unterstützt das Stillen und hilft auch in Krisensituationen, teils durch Vermittlung unter anderem an Fachärzte oder Therapeuten und Beratungsstellen.

Wochenbettbetreuung braucht einen geschützten Raum

Trotz der großen Bedeutung für Mutter, Kind und Familie wird die Zeit des Wochenbetts oft unterschätzt. „In dieser sensiblen Phase benötigen Mutter und Kind ausreichenden Schutz“, so Martina Klenk, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes. „Dies kann die Hebamme wie keine andere Berufsgruppe unterstützen, denn sie übt einen aufsuchenden Beruf aus. Dadurch können sich Mutter und Neugeborenes zu Hause miteinander vertraut machen. Die Bedeutung dieses geschützten Raumes wird immer wieder unterschätzt – deshalb ist eine neue, gesellschaftlich breit anerkannte Wochenbettkultur unerlässlich.“

Diese Forderung ist umso wichtiger, da mittlerweile viele Frauen keine Hebamme für die Wochenbettbetreuung finden. Die Gründe, dass in diesem Bereich Hebammen fehlen, sind unter anderem der allgemeine Hebammenmangel, hohe Haftpflichtprämien und schlechte Vergütung. Katharina Jeschke, DHV-Präsidiumsmitglied, hat für die unangemessene Bezahlung dieser wichtigen Betreuungsleistung für Mutter und Kind kein Verständnis: „Für einen Wochenbettbesuch erhält die Hebamme eine pauschale Vergütung, die in keinem Verhältnis zur real benötigten Arbeitszeit steht. Eine Verkürzung dieser Betreuungszeit ist unmöglich, denn dann würden die Bedürfnisse der jungen Familie zu kurz kommen.“

Wochenbettsprechstunden im Krankenhaus sollten die Ausnahme bleiben

Um Abhilfe zu schaffen, bieten unter anderem immer mehr Hebammen und Krankenhäuser Wochenbettsprechstunden an. Sie sollen möglichst vielen Familien, zu denen keine Hebamme nach Hause kommt, die Betreuung gewährleisten. Der DHV betont, dass diese Notlösung keinesfalls die aufsuchende Hilfe von Hebammen am Wochenbett ersetzen darf und nur in Notfällen ausnahmsweise durchgeführt werden sollte. Der Verband fordert deshalb, dass der geschützte Raum des Wochenbetts ohne Einschränkungen für die junge Familie erhalten bleibt und ihm eine größere Bedeutung beigemessen wird. Aspekte wie Erholung, Mutter-Kind-Bindung und Neuorientierung müssen nahtlos funktionieren, da die sozialen Bindungen, welche in der Zeit des Wochenbetts gefestigt werden, immensen Einfluss auf die Neubildung einer Familie haben.

 

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