Warum so viele Kreißsaalschließungen?

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Rund um das Thema Hebammen und Geburtshilfe gibt es jede Menge Fragen. Wir versuchen Antworten zu geben!

Fragen und Antworten

Warum schließen so viele Kreißsäle in Deutschland?

Fragen & Antworten

Seit Jahren geht die Anzahl der Kreißsäle massiv zurück: Gab es 1991 noch 1186 Krankenhäuser mit Geburtshilfe, waren es 2014 nur noch 725. Dies bedeutet einen Rückgang um rund 40 Prozent.

Die Folgen für Schwangere sind dramatisch: Mit dem Verlust der geburtshilflichen Abteilungen müssen sie nicht nur immer längere Wege in Kauf nehmen, wenn sie ihr Kind zur Welt bringen wollen, es fehlen auch Hebammen für Vorsorgeuntersuchungen und die Wochenbettbetreuung. Und auch Geburtshäuser können nur dort existieren, wo auch Krankenhäuser in der Nähe sind, in die im Notfall verlegt werden kann.

Zwar werden heute im Vergleich zu 1991 zwar weniger Kinder geboren, doch die Geburtenrate ist insgesamt nur um etwa 12 Prozent gesunken. Warum schließen trotzdem so viele Kreißsäle?

Ökonomisierung des Gesundheitswesens

Seit Jahren fokussieren sich die Krankenkassen vorrangig darauf, ihre Ausgaben zu verringern und die Klinikbetreiber darauf, ihre Erträge zu steigern. Der Deutsche Ethikrat sieht diese Effekte dieser Entwicklung im Hinblick auf das Patientenwohl mit Sorge (2016). Im Zuge dieser Ökonomisierung des Gesundheitswesens wurden viele Kliniken geschlossen. 1991 zählte das Statistische Bundesamt noch rund 2400 Krankenhäuser in Deutschland, 2014 waren davon noch 1979 übrig.

Andere haben sich auf besonders gewinnbringende Behandlungsverfahren konzentriert. Medizinische Fachbereiche, die für Krankenhausbetreiber ökonomisch nicht attraktiv sind, wie zum Beispiel Geburtshilfe oder Kinderheilkunde, wurden und werden daher abgebaut. Dies zeigt sich auch an den Zahlen deutlich: Während der Rückgang der Kliniken von 1991 bis 2014 rund 18 Prozent betrug, war dieser bei den Kreißsälen im selben Zeitraum mehr als doppelt so hoch.

Zentralisierung der Geburtshilfe

Nur wenn genügend Geburten stattfinden und diese dabei möglichst viel Geld einbringen, lohnt sich eine geburtshilfliche Abteilung. Besonders bedenklich ist dabei, dass es in der Fallpauschalenlogik für natürliche Geburtsverläufe, die viel Zeit, aber wenig technische Intervention verlangen, vergleichsweise wenig Geld gibt. Das führt dazu, dass sich geburtshilfliche Abteilungen mit einer geringen Interventionsrate und wenigen Frühgeburten nicht rechnen und sich das Angebot immer mehr auf spezialisierte Versorgungszentren konzentriert..

Personalmangel aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen

Und auch Krankenhäuser, die weiter Geburtshilfe anbieten möchten, müssen oftmals die Türen zu ihrem Kreißsaal, zumindest vorübergehend, schließen. Der Grund: Sie finden nicht genügend Hebammen. Die Arbeitsbelastung in den Kliniken ist seit Jahren massiv angestiegen.  Oftmals müssen drei und mehr Geburten gleichzeitig betreut werden, Pausen fallen weg und Überstunden sind an der Tagesordnung. Unter diesen Umständen können und wollen viele Kolleginnen nicht mehr arbeiten. Sie reduzieren ihre Arbeitszeit oder kündigen sogar.

Zu hohe Haftpflichtprämien für Hebammen und Ärzte

Ein weiterer Grund für die Kreißsaalschließungen sind die steigenden Haftpflichtprämien für freiberuflich tätige Hebammen und Ärztinnen und Ärzte. In zahlreichen Kliniken arbeiten Hebammen nicht angestellt, sondern freiberuflich als sogenannte Beleghebammen. Dasselbe gilt für die Ärztinnen und Ärzte. Dadurch sparen die Krankenhäuser zwar Sozialversicherungsbeiträge und Haftpflichtprämien. Diese müssen aber von den Freiberuflerinnen aufgebracht werden. Wenn sie dazu nicht mehr in der Lage sind, steigen viele Hebammen und Gynäkologinnen aus der Geburtshilfe aus und der Kreißsaal muss schließen.

Aktuelle Schließungen von Kreißsälen finden Sie auf unserer Karte der Kreißsaalschließungen.

 

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