Was bedeutet eine gute Versorgung im Kreißsaal?

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Was bedeutet eine gute Versorgung im Kreißsaal?

98 Prozent der Frauen entscheiden sich, ihr Kind in einer Klinik zur Welt zu bringen. Sie vertrauen darauf, dort nicht nur gut medizinisch, sondern auch psychosozial betreut zu werden. Dazu gehört, dass sie während der Geburt durchgängig von einer Hebamme begleitet werden, am besten in einer Eins-zu-eins-Betreuung.

Jede Geburt ist einzigartig und jede gebärende Frau hat ein Recht auf eine individuelle, ihren Bedürfnissen entsprechende Begleitung. Manche Geburten gehen spontan und schnell vonstatten. Bei anderen brauchen die Frauen mehr Zeit. Hebammen sollten ihnen dabei immer mit genügend Zeit zur Seite stehen. Sie schauen auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Frauen. Denn sie sehen Geburten als einen physiologischen Vorgang, in den so wenig wie möglich eingegriffen werden sollte. Dieser vom Gesunden ausgehende, ressourcenorientierter Betreuungsansatz stärkt die Selbstkompetenz der Frauen.

Gekonnte Nicht-Intervention

Die Medizinhistorikerin Barbara Duden hat hierfür den Begriff der gekonnten Nicht-Intervention geprägt. Abzuwarten und die Frauen zu stärken, ihnen jeweils die für sie nötige Zeit und Unterstützung zu gewähren und sie in ihren Bedürfnissen ernst zu nehmen, das ist oft schwerer als in den Geburtsverlauf einzugreifen. Unsere Gesellschaft ist davon geprägt, dass wir aktiv gestalten und machen wollen. Das Geschehen lassen und sich Zeit nehmen passt nicht zum durchrationalisierten und ökonomisierten Klinikalltag. Hinzu kommen Ängste. Die Ängste der Frauen, die Geburt nicht bewältigen und die Schmerzen nicht aushalten zu können, die Ängste der Hebammen und Ärzt*innen juristisch belangt zu werden, wenn das Kind krank ist und nach Verantwortlichen dafür gesucht wird. Auch deshalb gehören in den meisten Kreißsälen in Deutschland Interventionen wie die Gabe von Wehenmitteln, PDA (Periduralanästhesie) und Kaiserschnitte zum Alltag. Sie können notwendig und sogar lebensrettend sein. Vielfach werden sie jedoch selbst dann eingesetzt, wenn sie gar nicht erforderlich sind. Das hat auch mit der Arbeitsbelastung der Hebammen zu tun: Je weniger Zeit die Hebammen für die Gebärenden haben, desto mehr unnötige Interventionen finden statt.

Sicherheit durch ausreichend Hebammen

Wie der Deutsche Hebammenverband aus einer repräsentativen Umfrage unter angestellten Hebammen in Kliniken (2015) (PDF-Dokument) weiß, betreut über die Hälfe der Hebammen häufig drei oder mehr Frauen gleichzeitig während der Geburten. Hinzu kommen umfangreiche Dokumentationspflichten sowie das häufige Ausfallen der Pausen, Überstunden und Nachtdienste. Auch dies kann die Sicherheit der gebärenden Frauen gefährden.

Denn Sicherheit bedeutet nicht nur, dass medizinische Notfälle gut und schnell versorgt werden können, sondern in erster Linie, dass heikle oder gefährliche Situationen rechtzeitig erkannt werden. Dafür müssen die Hebammen eng und nahe bei den Frauen sein und nicht nur den CTG-Verlauf der Herztöne und Wehen über einen Monitor aus einem Büro heraus kontrollieren. Dafür braucht es ausreichend Hebammen in den Kreißsälen, bei den Frauen.

Wenn das Neugeborene dann auf der Welt ist, schüttet die Frau jede Menge Hormone aus. Deswegen können in den ersten Stunden nach der Geburt besonders gute und intensive Bindungen zwischen Mutter und Kind aufgebaut werden. Dieses sogenannte Bonding stärkt das Urvertrauen des Kindes und die Mutter-Kind-Beziehung. Hebammen achten darauf, dass die Frauen nach der Geburt genügend Ruhe und Hautkontakt mit ihrem Baby erhalten, damit das Bonding und damit auch das Stillen gelingen kann.

Wohnortnahe Versorgung

Zu einer guten Versorgung der Schwangeren gehört auch, dass Kreißsäle in Wohnortnähe verfügbar sein müssen. Doch leider schließen immer mehr kleinere geburtshilfliche Abteilungen in Deutschland, selbst wenn sie eine gute Geburtshilfe für die Frauen vorhalten. Die Fahrtwege verlängern sich dadurch. So sieht keine gute und sichere geburtshilfliche Versorgung aus.

Der Hebammenverband fordert deshalb in einem Eckpunktepapier für ein Geburtshilfe-Stärkungsgesetz politische Maßnahmen: So sollen neue Hebammenstellen sowie Stellenaufstockungen in geburtshilflichen Abteilungen komplett aus einem Sonderprogramm refinanziert werden. Zudem sollen Krankenhäuser die Anzahl der Entbindungen veröffentlichen, die im Jahr je tatsächlich besetzter Hebammenstelle in ihren Kreißsälen stattfinden. Schwangere und ihre Familien haben dann die Möglichkeit, Krankenhäuser zu vergleichen und informiert zu entscheiden. Hebammen in der klinischen Geburtshilfe sollen außerdem konsequent von fachfremden Tätigkeiten befreit und in ihren Kernkompetenzen für die direkte Betreuung der Frauen und Neugeborenen eingesetzt werden. In jeder geburtshilflichen Abteilung sollen zudem von Hebammen geleitete Kreißsäle geschaffen werden. Ebenso sollen Hebammen deutlich stärker in die Leitung und Organisation der geburtshilflichen Abteilungen eingebunden sein.

Wenn Sie Ihr Kind in einem Krankenhaus zur Welt bringen möchten, fragen Sie mit unserem Klinikfragebogen nach, ob Ihnen während der Geburt auch immer eine Hebamme zur Seite stehen wird.

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